Der Kreuzgang
Das "Herzstück" der Münsteranlage
Der Kreuzgang verband ursprünglich als überdachter Gang die wichtigsten Gebäude der Münsteranlage: Dom, Bischofsresidenz, Domkapitelhaus, Schule und Baptisterium. Die ursprünglich romanische Struktur erkennt man noch sehr gut an den Rundbögen, die von romanischen Doppelsäulen getragen werden. Im 14. Jh. wurde der Kreuzgang mit gotischen Kreuzrippengewölben erhöht und erhielt sein heutiges Aussehen.
Im Mittelalter diente der Kreuzgang als Begräbnisort, besonders für den Domklerus. Einige der Grabplatten, die ursprünglich auf dem Boden eingelassen waren, befinden sich heute an der Wand des Verbindungsganges. Von diesen Grabstätten zeugen heute noch die wunderbaren Fresken, auf denen zahlreiche Stifter zu Füßen der Schutzheiligen dargestellt sind. Die meisten Fresken stammen aus dem 15. Jh.
Die Fresken des Kreuzganges stellen keinen zusammenhängenden Themenzyklus war. Nachdem es sich um Ausstattungen von Grabstätten handelt, wurden sie zu unterschiedlichen Zeiten von verschiedenen Künstlern geschaffen. Innerhalb der einzelnen Arkaden sind die Darstellungen meistens aufeinander abgestimmt, dies ist jedoch nicht immer der Fall. Die häufigsten Darstellungen greifen – passend für einen Begräbnisort – die Ereignisse um Geburt, Leiden, Tod und Auferstehung Jesu auf. Beliebt waren auch verschiedene Heiligendarstellungen, vor allem aus dem Leben der Muttergottes Maria. Die Südostecke des Kreuzgangs war nie bemalt, weil dieser Teil nicht als Begräbnisstätte diente. Dort, wo sich die Domschule befand, durften sich die Domschüler aufhalten und zu bestimmten Anlässen durften auch Krämer ihre Waren feilbieten.
Faszination Kreuzgang
Werke spätmittelalterlicher Meister
An der 11. Arkade (XI) kann man noch den alten romanischen Eingang zum Querschiff des Domes erkennen. Darin befindet sich heute eine sehr verehrte Darstellung des leidenden Jesus an der Geißelsäule aus dem 17. Jh. Im Gewölbe sind die Werke der Barmherzigkeit dargestellt: Den Hungrigen zu essen geben, die Obdachlosen aufnehmen, die Nackten bekleiden, die Gefangenen besuchen, die Kranken pflegen und die Toten begraben. Überall ist dahinter Christus dargestellt, um an den Grundsatz des Evangeliums zu erinnern: „Alles, was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das hat ihr mir getan.“
Die 5. Arkade (V) stammt aus der Hand von Meister Leonhard von Brixen (1472) und gehört zu den schönsten im Kreuzgang. Grundthema ist die Auferstehung von den Toten. Gegenüber dem Auferstandenen sind vier Szenen aus dem Alten Testament dargestellt: Jona steigt nach drei Tagen aus dem Bauch des Fisches, Simson hebt die Tore der Stadt Gaza aus den Angeln, Simson bezwingt einen Löwen mit bloßen Händen, und der kleine David tötet den Riesen Goliat. Alle Szenen wurden als Vorbilder für die Auferstehung bzw. für den Sieg übe den Tod gedeutet. Daneben ist Maria Magdalena dargestellt, die im Gärtner den Auferstandenen erkennt.
Die 3. Arkade (III) ist besonders wegen der Darstellung des Elefanten bekannt. Der Maler, der wohl noch nie einen Elefanten gesehen hatte, stellte ihn als großes graues Pferd mit Rüssel dar. Die Szene bezieht sich auf ein biblisches Ereignis aus dem 1 Buch der Makkabäer. Darin wird beschrieben, dass König Antiochos IV. den jüdischen Glauben verboten hatte und nun ein Heer mit Kriegselefanten entsandte, um den Protestaufstand der Juden niederzuschlagen. Die Bibel berichtet, dass Eleasar sein Leben opferte, um so einen unbesiegbaren Elefanten zu töten: „So drang er unter den Elefanten vor und durchbohrte ihn von unten. Der brach zusammen und fiel auf Eleasar, der auf der Stelle tot war." (1Makk 6,46). Dieses Ereignis galt im Mittelalter als Parallele zum Tod Christi, der sein Leben opferte, um die Menschheit zu erlösen.