
Daniel-Herz-Orgel
Die Orgel der Frauenkirche
Die Orgel entstand 1648/49 aus der Zusammenarbeit des ehrgeizigen vierzigjährigen Chorherrn und Organisten Philipp Nissl und des ebenso ehrgeizigen dreißigjährigen Orgelbauers Daniel Herz. Er war als Sohn des Münchner Hoftischlers auf seiner Wanderschaft in Tirol hängen geblieben, wo er heiratete und 1646 das Bürgerrecht in Brixen erkaufte. In der Folge wurde er zum bekanntesten Orgelbauer Tirols. Wo er dieses Handwerk gelernt hat, ist nicht bekannt.
Das auf das 12. Jahrhundert zurückgehende Kollegiatstift „Zu Unserer Lieben Frau im Kreuzgang zu Brixen“ pflegte im 17. Jahrhundert Kirchenmusik auf hohem Niveau. Wer aufgenommen werden wollte, wurde auch musikalisch geprüft (wir wissen es, weil nicht jeder Kandidat bestand), und neben dem Choralgesang wurde auch Ensemblemusik gepflegt. Da der Choral im Chorton, die Ensemblemusik im (einen Ganzton tieferen) Kammerton notiert wurde, bestand das Bedürfnis nach einer Orgel mit Transponiereinrichtung, und da die kleine romanische Apsis im Schatten des riesigen Altars stand, gewann Nissl das Kollegium für einen Umbau: Durch eine Zwischendecke in der Apsis sollte der Chor näher ans Licht kommen, darunter Stauraum für die Sakristei entstehen und durch den Wandeinbau der Orgel sollte der Chorraum Raum gewinnen. So entstand eine für die Zeit einmalige Orgelanlage. Aufgrund der ungleichschwebenden Stimmung erforderte die Transponiereinrichtung zusätzliche Pfeifen, um in beiden Systemen reine Terzen zu haben.
Auf Wunsch des Organisten machte Herz sie (über den Vertrag hinaus) zusätzlich mit doppelten Obertasten nutzbar. Das Pedal ist chromatisch ausgebaut. Die Orgelpfeifen des Manualwerks stehen über dem Chorgestühl entlang der Apsiswand, der Prinzipal umrahmt als Freipfeifenprospekt das Fenster. Die Spielanlage im Apsisscheitel wird flankiert von den sechs Chorstühlen, hinter denen die Traktur und die Windladen der Orgel in Wandnischen versteckt sind. Die Pfeifen des Pedalwerks sind gegenüber, hinter dem Altar angebracht, die Subbasspfeifen kopfüber hängend unter der Instrumentalistenbank, die Posaunen hinter dem Altargiebel aufragend. Die Traktur dazu hängt teils an der Zwischendecke, teils an der Altarwand. Die Bälge liegen in einer Kammer im Sakristeidach neben der Apsis und wurden von den Kalkanten vom Treppenpodest an der Chortüre mit Stricken aufgezogen.
Nachdem Doppelsemitonien und Transponiereinrichtungen im 18. Jahrhundert ungebräuchlich wurden, baute Peter Volgger die Orgel 1795 zweimanualig um. Bald danach wurde das Stift aufgehoben und in der Folge wurde die Orgel irgendwann unspielbar und ihrer Pfeifen beraubt. Um sie zu vor weiterer Verwahrlosung zu bewahren, wurde sie 2010 von Hendrik Ahrend wiederhergestellt und zwar in der ursprünglichen Form, in der sie so einmalig ist.